Gemeindefusion III: Der freundliche Fusionsbeauftragte - Berätst du noch, oder agitierst du schon?



"Bei den unteren Rechtsaufsichtsbehörden werden für Fragen, die freiwillige Gemeinde- zusammenschlüsse betreffen[…] Koordinierungsstellen eingerichtet. Die dort tätigen Personen sind im Gebiet des jeweiligen Landkreises Ansprechpartner für diese Fragen und beraten die Gemeinden und Ämter. Sie unterstützen die an Fusionsverhandlungen beteiligten Gemeinden [...]."
(§ 6 Gemeindeleitbildgesetz GLeitbildG-MV).


Auch wir haben für die (beabsichtigte) Gemeindefusion einen solchen Koordinator bekommen. Es handelt sich um Jürgen Schönwandt, der all seine Erfahrung als ehemaliger 2. Bürgermeister von Wolgast und Experte in Sachen Fusionen in den Verhandlungsprozess einbringt.

Als Grund für sein Engagement in dieser Sache, für die er extra seinen Ruhestand verschoben hat, benennt er laut OZ: „Meine Frau ist noch berufstätig. Warum sollte ich da selber nicht auch noch etwas tun.“(kompletter Artikel hier). Herr Schönwandt hat auch starke Überzeugungen, so ist er beispielsweise der Meinung: „Ich kann mir zum Beispiel den Altkreis Wolgast als ein Amt vorstellen, das mit weniger Verwaltungsmitarbeitern pro 1000 Einwohner auskommt, als die bestehenden Ämter, ohne dass sich deshalb der Service für die Bürger verringern würde“ (wie das realistischer Weise passieren sollte, mit weniger Personl, mehr Aufgaben zu bewältigen, lässt er offen. Aber das spielt hier auch keine Rolle, zeigt jedoch, wohin es mit der Verwaltung nach der Fusion gehen soll).

Ärgerlich für ihn ist jedoch, dass sein Wirken bisher keinerlei Erfolg gezeigt hat. 2015/2016 gab es landesweit je zwei Fusionen - vielleicht weil die Beiligten den Unsinn hinter diesem Vorhaben erkannt haben - aber auch 2017/2018 sieht es kaum besser aus. In dem Gebiet, dss Herr Schönwandt betreut, steht gerade einmal  eine Fusion auf der Habenseite (siehe Artikel der OZ hier) - besonders spektakulär gescheitert ist die von ihm betreute Fusion im Amt Landhagen. Woher sich daher die Expertise des Beraters ableitet.....kann ich auch nicht sagen.

Und so steht er unter extremem Druck Ergebnisse zu liefern, um seine vom Land bezahlte Stelle zu rechtfertigen. Das es sich, wie manchmal zu lesen ist, um eine ehrenamtliche Tätigkeit handelt ist  nicht ausgeschlossen aber unwahrscheinlich. (Zur Finanzierung nach dem Gesetz: Soweit in den Koordinierungsstellen kein Landespersonal zum Einsatz kommt, sind die Kosten aufgrund des bei der Organleihe bestehenden Auftragsverhältnisses zwischen Land und Landkreisen vom Land zu erstatten).

Was man menschlich noch verstehen kann, wird auf der Sachebene dann aber leider untragbar. Eine Beratung hätte wenigstens im Ansatz neutral zu erfolgen und ein Für und Wider abzuwägen. Der Fusionsberater mit dem Rücken zur Wand, kennt jedoch nur ein Ziel; Fusion um jeden Preis.

Bei seinem Auftritt in der Gemeindevertreterversammlung hat Herr Schönwandt  nicht nur ein erstaunliches Bedürfnis offenbart, zu reden ohne gerade an der Reihe zu sein, er brachte auch gebetsmühlenartig die immer gleichen Beispiele, weshalb eine Fusion alternativlos sein. 

Sein Lieblingsbeispiel ist die Eingemeindung von Hohendorf durch Wolgast. Durch diese wurde Hohendorf quasi vor Elend und Verfall bewahrt und alle Bürger sind nunmehr sehr glücklich. Ich nehme Herrn Schönwandt sogar ab, dass er dies tatsächlich glaubt - aber es wäre auch schon sehr seltsam, wenn einer derjenigen, die diesen Zusammenschluss damals aktiv politisch durchgesetzt haben, jetzt an ihrer eigenen Leistung zweifeln würden. Hinzu kommt, dass es dann doch ein paar Bürger zu geben scheint, die das nicht so sehen. Jenseits des Glaubens, kann aber auch hier kein belastbares Sachargument vorgetragen werden - denn alles ist nur "gefühlt, vermutet" usw.

Auch der von ihm bemühte Vergleich mit einem Verein, in dem ja alle Mitglieder auch viel zufriedener seien, wenn das Vereinsheim frisch renoviert wurde, ist bei näherer Betrachtung nicht wirklich einschlägig. Eine Geminde ist kein Verein, denn bei dem kann man sich aussuchen, ob man mitmacht, oder nicht. In einer Gemeinde lebt man und muss mit den örtlichen Gegebenheiten auskommen. Woher die "Renovierung des Vereinsheims" kommt, die wohl bedeuten soll, dass Infrastruktur aufgebaut wird, bleibt indes schleierhaft.

Das es auch ganz anders geht, zeigt Frau Witschel, leitende Verwaltungsbeamtin des Amtes Züssow. Nicht nur ist es ihr  und ihren Mitarbeitern gleungen in kurzer Zeit eine erhebliche Menge an Informationen so aufzubreiten, dass eine sachliche Diskussion auf der Grundlage harter Fakten möglich ist. Sie bewahrt auch in der Diskussion einen neutralen Standpunkt und weist auch auch negative Effekte hin ( z.B. Verwaltungskosten durch die Fusion, die nirgendwo erfasst sind).

Ohne Herrn Schönwandt zu nahe treten zu wollen, kann man daher festhalten: Ein Berater der nicht berät sondern agitiert ist sinnlos, unredlich, evtl. sogar schädlich und erweist vielleicht auch der von ihm verfolgten Sache einen Bärendienst. Aber das würde andererseits auch ganz ausgezeichnet zu dem ganzen Projekt passen.

Kommentare

Beliebte Artikel

Endlager: Hier spricht Herr Goebel nun selbst

Endlager - Der erste Landespolitiker spricht sich dafür aus